Klickis Utopien II

Kommentar von Karl Springer

Statt Altlasten abzuarbeiten lieber mit Visionen glänzen – Die CDU-Strategie

 

Sehr geehrter Leser aller Geschlechter,

„Früher war alles besser“, da hatte Wermelskirchen sogar einen Bahnanschluss … und da könnte man sich sofort mal fragen, wer für dessen Stilllegung verantwortlich war …

Eine Wiederbelebung klingt im ersten Moment aufregend innovativ. Mehr aber auch nicht. Die Idee ist ja bei weitem nicht neu, hat man doch in den letzten Jahren immer wieder darüber diskutiert.

Allerdings stellt sich der jetzige Vorstoß diesbezüglich von der CDU als realitätsfremd dar und darf somit als reiner Populismus bezeichnet werden.

CDU-Vorstoß populistisch aber realitätsfremd

Warum, werden sie sich fragen?

Nun, wenn man sich mal in Ruhe und ernsthaft mit der Vision auseinandersetzt kommt jeder Realist zu dem Schluss, dass es sich hierbei um reine Utopie handelt, denn mit ein bißchen Recherche erfährt man, dass zum Beispiel ein Bahnkilometer erhebliche Baukosten verursacht.

Ich habe leider nur recht alte Zahlen, die von Anfang der 90er stammen, allerdings darf man gertrost davon ausgehen, dass sich die Kosten seither gewaltig nach oben entwickelt haben.

In der Studie zum ITF-Pilotprojekt Teilraum südwestliches Bayern sind folgende Angaben zu finden (ohne Grunderwerb):

Flaches Gelände: 1 km eingleisig: 5 Mio. DM, 1 km zweigleisig: 9 Mio. DM
Hügeliges Gelände (Tunnelanteil <10%): entsprechend 10 bzw. 18 Mio. DM pro km.

Weiterhin sind als Beispiel für Varianten einer eingleisigen Neubaustrecke ohne Fahrdraht (Trassenvarianten für Memmingen – Aichstetten – Leutkirch) Gesamtkosten (diesmal mit Grunderwerb) von 6,5 bis 9 Mio. DM/km genannt.

Was noch am ehesten zu haben ist, sind die Zahlen für Neubauprojekte in letzter Zeit. Diese markieren dann eher den oberen Rand des möglichen Preisbereiches. Ich hätte da anzubieten:

Neubaustrecke Köln-Frankfurt:

177 km zweigleisige Strecke, größtenteils als feste Fahrbahn ausgeführt für 300 km/h
Höchstgeschwindigkeit, fast ein Fünftel Tunnelanteil. Kostet laut www.ice-fanpage.de etwa 4.000.000.000 EUR.

Ausbaustrecke Köln-Dueren:
Ausbau 40 km bestehender Strecke auf drei bis vier Gleis, wovon das meiste neugebaut wurde. Zwei Gleise wurden für 250 km/h ausgelegt (aber Schotteroberbau). Keine Tunnel oder Talbrücken, aber jede Menge kleiner Brücken. Hat größenordnungsmäßig 600.000.000 EUR gekostet.

Flughafenanbindung Köln/Bonn:
15 km zweigleisige Neubaustrecke für 130 km/h, etwa ein Drittel im Tunnel, u.a. ein viergleisiger Bahnhof. Kostet 520.000.000 EUR.

Aber dabei bliebe es nicht. So liegen die Unterhaltungskosten pro Kilometer Schiene bei 312 000 Euro pro Jahr. Ein Kilometer Fernstraße kostet 203 000 Euro. Hinzu kommt, dass deutsche Pkw-Fahrer die Kosten für Autobahnen zu 421 Prozent decken, schwere Lkws zu 210 Prozent, die Bahn dagegen zum Schienennetz nur 47 Prozent der Kosten beisteuert.
Wir leisten uns in der Fläche zu viel Schiene“, sagt Wissenschaftler Rothengatter. Der Bus müsse in ländlichen Regionen als Massentransportmittel gestärkt werden. Als Faustformel gilt: Eine Strecke, auf der ein Pendelzug mehrere Bahnhöfe anfährt, ist bei weniger als 2000 Fahrgästen pro Tag kaum rentabel. Die Kosten pro Fahrgast liegen laut einer Studie der Uni Gießen ein Drittel über dem Bus.

Das Einsparpotenzial bei Anwendung alternativer Transportkonzepte ist beträchtlich. Von den in Deutschland per Schiene bedienten Strecken im Nahverkehr seien 10 bis 15 Prozent durch Busse (welche in Zukunft sicherlich elektrisch und autonom betrieben werden) preiswerter zu bedienen, schätzen Experten.

Auch Skytrain nicht finanziell darstellbar

Ach ja, und wenn es dann ein hipper Skytrain sein sollte, wirds erst recht anspruchsvoll:
Im Juli 2002 wurde selbiger am Flughafen Düsseldorf International eröffnet. Die Kabinenbahn bewegt sich in etwa 10 Metern Höhe auf einer 2,5 Kilometer langen Fahrstrecke über das Flughafengelände. Die Strecke ist 2,75 km lang, hat vier Haltestellen. Sechs Züge mit jeweils zwei aneinander gekoppelten Kabinen transportieren 2000 Gäste in einer Stunde. Die Höchstgeschwindigkeit ist 50 km/h. Zwei Fahrwerke laufen auf gummibandagierten Rädern. Vier Gleichstrommotoren werden mit 400 Volt betrieben. Zwei Fahrmotoren sind parallel geschaltet. Baukosten beliefen sich auf rund 150 Millionen Euro.

Diese Zahlen verdeutlichen recht anschaulich für jedermann die Größenordnung des Träumchens von dem hier geredet wird. Von dem immensen Kostenrisiko und den Unwägbarkeiten beim Planungs und Genehmigungsverfahren mal abgesehen, werden weder das Land noch erst recht nicht die Kommune diese Gelder für dieses Projekt jemals bereitstellen oder rekrutieren können.

Nun ja, vielleicht hilft ja mal wieder ein, bei der CDU bewährtes “ Wir schaffen das“ und alles läuft dann so prächtig wie beim letzten „wir schaffen das “ Ausruf der Lichtgestalt aus der Uckermark. … Späßle gmacht …

Zurück zur Ernsthaftigkeit.

Die Stadt Wermelskirchen braucht natürlich eine vernünftige, kostengünstige und flexible Anbindung an die umliegenden Metropolen. Also wenden wir uns nun machbaren Alternativen zu.

Laut Baustellenplanung Strassen NRW werden die meisten Verkehrshindernisse (hauptsächlich A1, A3 Rheinbrücke bis 2020, spätestens 2024 fertig sein. Dann haben wir eine Verkehrssituation, die den Einsatz eines Schnellbusses tatsächlich möglich machen wird, schließlich ist eine freie Fahrt ja der Grund der ganzen Baumaßnahmen und diese Infrastruktur steht in anbsehbarer Zeit zur Verfügung.

Sie ist fertig geplant und im Bau.

Eine Bemerkung am Rande:
Ab Remscheid fahren Züge nach Köln, Düsseldorf und Wuppertal – und Remscheid ist heute schon mit Buslinien gut erreichbar.

Trotz der völlig dilettantischen und absurden Performance der CDU/CSU Verkehrspolitik in Bund und Land kann man davon ausgehen, dass die Busse dann elektrisch fahren und somit antriebstechnisch gleichwertig, aber auf jeden Fall günstiger und flexibler als die Eisenbahn betrieben werden können. Dazu kommt, dass die nötige Infrastruktur vor Ort, der Busbahnhof in Wermelskirchen, ja gerade fertiggestellt wurde und bedarfsbedingte Änderungen der Fahrstrecken einfach umzusetzen sind – im Vergleich zu einer einmal festgelegten Streckenführung einer Bahn.

Ein Wettbewerb der günstige Fahrtkosten zum Wohle der Bürger wäre übrigens garantiert nur bei Busbetrieb gewährleistet. Wir denken da an mehrere Wettbewerber und somit einer marktgerechten Preisgestaltung.

Ein Bahnbetrieb mit einem Betreiber kann dies nicht in dem Maße ermöglichen und die Frage nach denjenigen, die für eventuelle Defizite bei einem Bahnprojekt (siehe Bundesbahn) aufkommen müssen, lässt nichts Gutes erahnen. Während man eine eventuelle defizitäre Busverbindung einstellen oder umorganisieren kann, wäre eine defizitäre Bahnstrecke ein „Groschengrab“, welches nur durch erheblichen finanziellen und baulichen Mehraufwand wieder beseitigt werden könnte.

Offensichtlich blendet die CDU, allen voran Herr Klicki, alle diese Überlegungen zugunsten populistischer Stimmfangkonzepte aus.

Zusammenfassung

Warum also soll für so ein unwahrscheinliches Projekt Geld und Personalaufwand verpulvert werden? Geld, was nicht vorhanden ist und Personal was ebenfalls nicht vorhanden ist? Wermelskirchen befindet sich in der Haushaltsicherung und steht vor fast unlösbaren Finanzierungs- und Ausführungsproblemen bei Schulneubau, Hallenbad (wird übrigens nicht gefördert) und Kinderbetreuung. Es fehlen Kitaplätze und es herrscht ein nicht unwesentlicher Sanierungsdruck bei der Substanz. Darum sollten wir uns vorrangig kümmern.

Die Erklärung ist, dass die CDU krampfhaft versucht von Ihrem Versagen bei den aktuellen Problemen abzulenken und Sie sich stattdessen in populistische Zukunftsversprechungen flüchten muss. Und das anscheinend weiterhin ohne Kostenbewusstsein. Das ist ehrlich gesagt, erschütternd und traurig.

Zuallererst sollten die momentanen Aufgaben bewältigt werden bevor sie uns über den Kopf wachsen, oder haben Sie das etwa schon abgeschrieben, liebe CDU?

Lieber Leser, bevor Sie sich jetzt ereifern und uns als Innovationsverweigerer oder rückwärtsgewandt bezeichnen wollen, sei nochmals betont:

Wenn man die Realitäten völlig ignoriert, ist es ein schönes Träumchen und eine wunderbare Vision – mehr aber auch nicht.
Wir appellieren an alle Verantwortlichen, unserem Vorschlag zu folgen und der Stadt weitere unsinnige Kosten und unsinnigen Personalaufwand zu ersparen. Sämtliche Resourcen sind zur Zeit an anderer Stelle besser eingesetzt.

 

Ihr
Karl Springer

AfD Stadtratsmitglied